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Solingen
im März 2002
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EIN BRUCH
IN MEINEM LEBENSLAUF
Vorwort
Ich habe keine Angst vor Wahrheit, also auch keine
Angst vor Wahrheit über Führer Hitler oder Väterchen (auf russisch phonetisch
geschrieben: Batjko) Stalin. Alle, die nach dem 2. Weltkrieg
geboren wurden, sind weder für Hitler noch für Stalin verantwortlich. D.h. es
gibt keine Kollektivschuld über Generationen. Aber alle, nach dem 2. Weltkrieg Geboren , sind doch für das Erinnern, für das Vergessen und
für das Leugnen verantwortlich.
Bei uns in Deutschland herrscht jetzt Frieden,
Demokratie, Gerechtigkeit und - im
Vergleich zu den anderen, auch europäischen Ländern – Wohlstand. Diese Idealwerte sind jedoch sehr
zerbrechlich! Sie sind wie auf dünnem
Eis gebaut, sie müssen stets überwacht und beschützt werden, wie uns die Geschichte belehrt. Die Geschichte
lässt sicht nicht durch Vergessen oder Leugnen verändern. Von Geschichte ist
viel zu lernen um eine bessere Gegenwart und Zukunft gestalten zu können.
Die Geschichte lehrt uns, dass jeder Kriegsverbrecher eine bestimmte Anzahl von
Mitläufer und von Helfer brauchte. Ohne jenen
Kreis der Mitmacher wäre die Durchführung jedes Unrechts nicht möglich.
Einführung
Ich, Lech Krasuski, bin am 26. Januar 1933 in Równe
im ehemaligen Polen in Wolhynien,
in der Westukraine geboren und lebte dort bis zur
Zeit der Zwangsumsiedlung , das heißt Vertreibung Millionen Menschen aus ihrer
Heimat . (Die Kommunisten haben dieses Unrecht beschönigend RÜCKWANDERUNG
amtlich genannt) bis Ende Oktober 1945.
Main Vater
war als Buchhalter tätig, meine Mutter
war Hausfrau. Onkel Wladyslaw war ein
Beamter im städtischen Rathaus. Wir wohnten in dem
Stadtteil Grabnik, wo die etwas bessergestellten Leute von Równe lebten. Mein Großvater war im Land Verwalter eines großen Gutes Namen Konty, etwa 80 km von Równe entfernt. Ihm
ging ihm sehr gut, er war bei den
Landarbeitern sehr beliebt. Im Gegenteil zu Grabnik, lebten im Ortsteil Kaukas
ausschließlich arme Juden, die ihre bescheidene Existenz überwiegend dem Kleinhandel
verdankten. Die Stadt Równe hatte auch einen Gutbesitzer, den Graf Lubomirski,
der in einem prächtigen von Parkanlagen umgebenem Palast wohnte. Es gab auch
die Ruine einer Burg, die – von Zeit zu Zeit zum Teil von Armen – bewohnt
wurde. Direkt nach der Eroberung der Stadt wurde die Burg von den Sowjets gesprengt, angeblich um an ihrer Stelle eine
Fabrik zu bauen. Das Vorhaben wurde aber bis zum Verfall UdSSR nie
verwirklicht. Die Umgangssprache
(Landssprache) war natürlich ukrainisch, die Staatssprache polnisch und die
Juden sprachen untereinander jiddisch, was keinen stören schien. Damals glaubten die Einheimlichen, und ich
selbstverständlich auch, dass die Juden plattdeutsch sprachen.
Ukraine, ursprünglich Kiew Ruthenenstaat, frei übersetzt:
„Ukraine“ => ein Land am Rande eines anderen (größeren) Staates. Heute ist Ukraine, nach Russland, zweitgrößter
europäischer Flächenstaat mit einer Fläche von 604.000 km². /Zum Vergleich: die
BRD hat eine Fläche von 357.000 km²/
Równe, auf deutsch Rowno, ukrainisch Riwno bedeutet ungefähr a) gleich, b) eben, c) glatt, d) gleichmäßig, e)
gerade, f) genau
Der Name des Stadtteils Grabnik bedeutet soviel wie "Wäldchen junger Weißbuchen" (grab = Weißbuche oder Heinbuche).
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